NeubauTellschütz, Ev.-luth. Kirche
Erbaut 2020, Hermann Eule Orgelbau - opus 700, II + P/12 + 2 Vorabzüge + 4 Wechselschleifen
Prospektblatt Eule-Orgel in Tellschütz
Entschlossen handelte die kleine Gemeinde Tellschütz südlich von Leipzig, als im Januar 2015 die Kriche abbrannte. Schon wenige Tage später entschied sie sich, die Kirche originalgetreu wieder aufzubauen.
Eine Ausnahme sollte es – neben brandschutztechnischen Maßnahmen – geben: die neue Orgel sollte nicht mehr auf der hoch gelegenen 2. Empore aufgestellt werden, wo sie in einem hohen kastenförmigen Aufbau weit in den Dachbodenraum hineinragte, sondern auf der 1. Empore zwischen den beiden recht eng zueinanderstehenden seitlichen Emporen. Deshalb entschied man zugleich, keine Kopie der alten Orgel zu bauen, sondern ein neues Instrument, dass den viel höheren, aber schmaleren Aufstellungsraum optimal ausfüllte.
Die bewusst schlicht-moderne Gestaltung sollte inmitten der ansonsten detailgetreu rekonstruierten Kirche von dem Ereignis der Brandnacht und dem gravierenden Einschnitt in die Kirchenbaugeschichte zeugen. Der Verzicht auf Zierwerk, die Farbfassung analog wie die Emporen, die schlanken Prospektpfeifen (8′ ab C) lassen die Orgel in ihrer natürlichen Größe wirken, ohne sie dominant zu machen.
Größe und Disposition der neuen Orgel gehen aus vom sächsisch-frühromantischen Register-Repertoire der einstigen Kreutzbach-Orgel: die vier Klanggruppen der 8′-Lage (Principal, offene und gedeckte Flöte, Streicher), die doppelte 4′-Lage (Principal und Flöte) und – eine Besonderheit von Kreutzbachs kleinen Orgeln dieser Zeit – einem Nassat 3′, Waldflöte 2′ und Cornett als Klangkrone. Das Pedal erhielt wieder Subbaß 16′ und Octavbaß 8′.
Doch wie im Äußeren sollte die Orgel keine bloße Rekonstruktion werden, sondern aus ihrem begrenzten Klangbestand heraus ein Maximum an Spiel- und Registriermöglichkeiten bieten. Daher wurde die Verteilung auf zwei Manuale gewünscht, mit zusätzlicher Pedalkoppel II und erweitertem Tonumfang im Pedal (f′ statt c′). Klanglich sollte der für Sachsen so typische Principalchor mit Quinte 2 2/3′, Superoctave 2′ und Mixtur ausgebaut werden – ohne zu dominant den Klangcharakter zu prägen. Aber 3 zusätzliche Register waren mit dem gesetzten Budget nicht machbar – maximal eines.
Die Mixtur wurde nur 3fach und auf 2′ tiefliegend besetzt; aus ihr wurde Superoctave 2′ abgezogen. Eigenständig wurde die principalische Quinte 2 2/3′ im I. Manual gebaut. Der so geschaffene Principalchor im I. Manual leuchtet silbrig, aber dominiert nicht. Im II. Manual wurde Cornett zu einer durchgehenden Sesquialter ausgebaut. Nun konnte das Nassat 2 2/3′ per Vorabzug daraus abgezogen werden. So kombiniert das II. Manual die Farbigkeit des Cornetts der Kreutzbach-Orgel mit dem ursprünglichen kleinen Pleno aus Nassat und Waldflöte. Die vier Flöten und Streicher 8′ und 4′ erhielten Wechselschleifen. So gewannen wir aus nur 12 Pfeifenreihen 18 verschiedene Register.
Technisch zu lösen war der begrenzte Platz, denn hinter der Orgel war der Durchgang vom Turmtreppenaufgang auf die Emporen unterzubringen. Wir legten den Unterbau der Orgel daher sehr flach an; er nimmt nur die Technik auf. Durch Füllungen und Türen ist er allseitig zugänglich. Das gesamte Pfeifenwerk steht auf Prospekthöhe und kann sich von hier optimal und ungehindert in das Kirchenschiff entfalten. Ein zentraler Stimmgang geht durch die Orgel, zusätzliche Zugänge zum Pfeifenwerk erlauben die großflächigen verschließbaren Seitentüren. Für das Gebläse (Ventus mit Magazinbalg) konnte eine Nische in der Turmwand direkt hinter den Windladen genutzt werden, die vom Turm aus zugänglich ist.
Die Orgel hat rein mechanische Trakturen. Das Spielschrankdesign ist klassisch sächsisch mit Registerzügen und Porzellanschildern, die Manualtastenbeläge aus Bein und Ebenholz. Für jedes Werk gibt es eine eigene senkrechte Reihe Registerzüge, wobei die Wechselschleifenregister direkt nebeneinander liegen und die Vorabzüge eigene Registerzüge haben; zieht man das Hauptregister, werden sie mit ausgezogen. So wird die Übersicht über die jeweils aktive Registrierung sehr erleichtert. Die Koppeln sind wechselwirkend als Tritte und Züge angelegt. Eine Pedalheizplatte wurde von Vornherein installiert.
Alle Bildrechte gehören Günter Widiger und
dem Hermann Eule Orgelbau.
Eule-Orgel Tellschütz
I. Manual: Hauptwerk (C-f′′′)
Principal | 8′ |
Viola d‘ amour | 8′ |
Flaut travers | 8′ |
Rohrflöte | 8′ |
Octave | 4′ |
Spitzflöte | 4′ |
Quinte | 2 2/3′ |
Superoctave | 2′ VA |
Mixtur | 3fach 2′ |
II. Manual: Hinterwerk (C-f′′′)
Viola d‘ amour | 8′ WS |
Flaut travers | 8′ WS |
Rohrflöte | 8′ WS |
Spitzflöte | 4′ WS |
Nassat | 2 2/3′ VA |
Waldflöte | 2′ |
Sesquialter | 2fach |
Pedal (C-f′)
Subbaß | 16′ |
Principalbaß | 8′ |
Nebenregister:
- Manualkoppel
- Pedalkoppel I
- Pedalkoppel II