Pinkafeld, Pfarrkirche

NeubauPinkafeld, Pfarrkirche

Erbaut 2020-2021, Hermann Eule Orgelbau - opus 696 III+P/30 + 1 Extension + 3 Transmissionen

  • Pinkafeld
  • 2020 - 2021
  • Neubau

 

Die Inspiration für die Orgelkonzept ist der helle, weite barocke Kirchenraum mit dem originalen spätbarocken Orgelgehäuse von Joseph Klügel d. Ä. aus Köszeg von 1790 mit dem originellen, aber stummen Kronwerk. Es bildet mit dem Raum eine wunderbare Einheit und war Klügels größtes und repräsentatives Werk (II/18 oder 19). Davon war seit 1966 nur noch das Gehäuse erhalten. Das Instrument selbst war durch eine neobarock-norddeutsche Orgel mit moderner Technik und zeitgemäßen Materialien ersetzt worden (Fa. Dreher & Reinisch, II+P/23). Verschleiß, schlechte Zugänglichkeit und der serienmäßige zeitübliche Klang ließen den Wunsch reifen, eine neue, dauerhafte und zugleich charaktervollere und reicher besetzte Orgel einzubauen, statt die Lebensdauer des alten Werkes mit Reparaturen zu verlängern.

Das klangliche Konzept wurde seit 2015 gemeinsam mit dem Orgelsachverständigen Herrn Krampe und dem Kirchenmusiker Herrn Tiefengraber entwickelt. Die neue Orgel greift die Klanglichkeit des Barocks auf. Sie beschränkt sich aber nicht nur auf Klügels österreichische Spätbarockorgel um 1790, sondern erweitert den Horizont erheblich: Sie schafft eine quasi ideale Barockorgel, auf der Musik vieler wichtiger Orgellandschaften des gesamten 18. Jahrhunderts erklingen kann – samt Musik der Stilepochen davor und danach bis zur zeitgenössischen Musik. Den besonderen Schwerpunkt bildet dabei die reichhaltige Orgelbautradition Mitteldeutschlands mit so berühmten Musikern wie J. S. Bach und stilweisenden Orgelbauern wie Gottfried Silbermann, Zacharias Hildebrandt und Heinrich Gottfried Trost, die zugleich einen wichtigen Teil der Werkstattstilistik der Orgelbauer Eule aus Bautzen bilden. Die neue Orgel bringt wieder das zum Klingen bringen, was das Auge von ihr erwartet: farbige, lebendige, helle, verspielte, silbrige, aber auch festliche, prachtvolle, majestätische Klänge – von der Grazie bis zur Gravität des barocken Klangspektrums.

Eule-Orgel Pfarrkirche Pinkafeld, Österreich

 

I. Hauptwerk (C-g′′′)

Bourdon 16′
Prinzipal 8′
Viola di Gamba 8′
Rohrflöte 8′
Quintadena 8′
Oktave 4′
Spitzflöte 4′
Quinte 2 2/3′
Superoctave 2′
Mixtur 3fach 1 1/3′
Cornett 3fach 2 2/3′ ab a°
Trompete 8′
– II-I  
– III-I  

 

II. Unterwerk (C-g′′′)

Salicional 8′
Flaut travers 8′
Lieblich Gedackt 8′
Unda maris 8′ ab c°
Fugara 4′
Flaut douce 4′
Nasard 2 2/3′
Waldflöte 2′
Terz 1 3/5′
Flageolet 1′
Vox humana 8′
– Tremulant  
– III-II  

 

III. Rückpositiv (C-g′′′)

Gedackt 8′
Principal 4′
Flöte 4′
Oktave 2′
Quinte 1 1/3′

 

Pedal (C-f′) 

Violon 16′
Subbass 16′ Tr.
Prinzipalbass 8′
Flötenbass 8′ Tr.
Violoncello 8′ Ext.
Posaune 16′
Trompetenbass 8′ Tr.
– I-P  
– II-P  
– III-P  

 

Bedienelemente Setzeranlage wie üblich benennen.

440 Hz bei 15° C, Stimmung Bach nach Bradley-Lehman

 

Technische Daten

 

Die beiden historischen Gehäuse wurden sorgfältig restauriert. Das große Hauptgehäuse wurde um 50 cm nach vorn gerückt, um im Inneren Platz für die größeren Manuale I und II und das Pedal zu schaffen. Im Gegenzug konnte die Verlängerung des Rückpositivgehäuses von 1968 entfernt werden.

Es war konstruktiv eine große, aber lösbare Herausforderung, in den alten Gehäusen die neue Orgel mit gut doppelter Größe unterzubringen, als es Klügel 1790 geplant hatte. Die neue Orgel hat 3 (statt bisher 2) Manuale sowie 31 Klangfarben (Register, statt derzeit 21) und erweitert damit die musikalischen Möglichkeiten erheblich. Der Spieltisch steht – wie im österreichischen barocken Orgelbau üblich – frei zwischen den beiden Gehäusen, sodass der Organist zum Altar blicken kann. Die Klaviaturen sind mechanisch mit den Tonventilen verbunden und ermöglichen eine sensible, präzise, virtuose und angenehme Spielweise. Die Register werden elektrisch geschaltet – dies optimiert die Platzausnutzung und ermöglicht die Hinzufügung eines elektronischen Speichersystems (Setzer), mit dem man viele Tausende zuvor vorbereitete Klangkombinationen auf Knopfdruck abrufen kann.

Im Inneren der Orgeln wurde ein neues Tragwerk aus Massivholz aufgebaut, dass nun auch hölzerne Laufböden für eine gute Zugänglichkeit enthält. Das Hauptgehäuse ist in 3 Ebenen unterteilt: im Untergehäuse steht das Unterwerk (II. Manual) und dahinter das Pedal. Im Obergehäuse hinter den Prospektpfeifen steht das große Hauptwerk. Auch das Kronwerk in der obersten Ebene ist nun erstmals klanglich besetzt: Es nimmt den neuen Cimbelstern auf. Eine stabile Lunge mit zwei Hauptbälgen und mehreren druckdifferenzierenden Bälgen an den Windladen gibt dem Instrument einen großzügigen Atem.

Die Orgel hat 31 Register (Pfeifenreihen). Sie sind so aufeinander angestimmt, dass sie sich innerhalb der einzelnen Klaviaturen gut mischen und auch im Gesamtklang der Orgel überzeugen. Jede Pfeifenreihe hat einen eigenen Klangcharakter:

– sonore Principale und silbrige Mixturen sorgen für den kräftigen, hellen, strahlenden Orgelklang;

– ausdrucksvolle unikate Flöten und Streicher bilden charaktervolle Soloklangfarben, aber zugleich tragfähige Mischungen zum Begleiten und für die Bassstimmen im Pedal (Violon 16‘ und 8‘) und erlauben auch ein großes Spektrum an gefühlvoller romantischer Musik;

– farbige Aliquoten und das markige Cornett färben die Klangfarben markant ein und heben Solostimmen hervor;

– ergreifende Solostimmen wie die Vox humana (Menschenstimme) oder die Unda maris (Meereswelle) mit ihrer sphärisch durch den Raum flutenden Schwebung fügen faszinierende Klangfarben hinzu;

– die brillante Trompete und die gravitätische Posaune geben Kraft und Majestät.

Jede der Klaviaturen hat einen eigenen Klangcharakter: das Hauptwerk bringt das prächtige, silbrige Pleno ein, hat aber auch sanfte Grundstimmen für Soli und Begleitungen; Das Unterwerk mit seinem etwas entrückteren Klangabstrahlung hat besonders vielseitige und empfindsame Farb- und Soloregister; das Rückpositiv klingt hell, klar und präsent, aber schlanker als das Hauptwerk; das Pedal ermöglicht gut abgestufte Bassstimmen zu allen Manualregistrierungen, bis hin zu solistischer Melodieführung.

Der begrenzte Platz im Orgelgehäuse ließ uns für das Pedalwerk technische Mehrfachanspielungen nutzen: 5 Register können doppelt aus dem Hauptwerk her angespielt werden, Violoncello 8‘ ist die Oktavverlängerung des Violon 16‘. 6 mechanische Koppeln verbinden die 3 Manual- und 1 Pedalklaviatur untereinander. Insgesamt hat die Orgel nun 1.789 klingende und 13 stumme Pfeifen.

 

  • aus Buch Szigeti Kilian (1)aus Buch Szigeti Kilian (1)
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