Jablonec nad Nisou – Rieger Orgel

RestaurierungJablonec nad Nisou – Rieger Orgel

Erbaut 1932, Franz Rieger //
Restauriert 2019-2022

  • Jablonec
  • 2019 - 2022
  • Restaurierung

 

Generalüberholung

Die Orgel wurde 1932 von der Firma Rieger, Jägerndorf, erbaut als opus 2.535 mit 40 Registern und 3 Transmissionen auf pneumatischen Kegelladen mit Zustromtraktur. Sie wurde komplett von Gebr. Josef und Max Jäger gestiftet, die in Jablonec eine große Fabrik für Bijouterie betrieben. An diesem Tag fand eine Feier mit der Orgelbaufirma, den Stiftern und u.a. dem Kirchenmusiker Ernst Tschakert statt. Die Einweihung der Kirche (und mit ihr der Orgel) war aber erst am 24.4.1932. Den Prospekt entwarf der Architekt der Kirche, Josef Zasche.

Die Firma Rieger erreichte in der Zeit der 1. Republik einen Höhepunkt in ihrer Geschichte. Sie schaffte es, die Lücke im Orgelbau Böhmens und Mährens nach der Schließung der großen Prager Werkstätten von Schiffner 1916 und Petr um 1920 für sich zu erschließen; mit einer Filiale im schlesischen Mocker expandierte sie massiv in ganz Schlesien; es gelang ihr auch, das Geschäft der einstigen Filiale in Budapest in der Slowakei aufrechtzuerhalten, und weiterhin gehörte Österreich zu den Einflussbereichen. Mit über 1.000 neuen Orgeln zwischen 1919 und 1942 gehörte sie zu den größten Orgelbauern Europas. Bemerkenswerterweise blieb die Zahl der nach Deutschland exportierten Orgeln gering; einige Instrumente wurden in die preußischen Länder geliefert, während in das nahe Sachsen vermutlich nicht eine einzige Orgel kam.

Bereits früh griff man in Krnov die Ideen der deutschen Orgelbewegung auf, die seit 1925 die Wiederentdeckung der Ideale der norddeutschen Barockorgel propagierte. Einflüsse in den Dispositionen finden sich schon seit etwa 1927. Doch die Instrumente bleiben in Klang, Mensuren und Intonation noch lange in der Tradition des sinfonischen, grundtönigen spätromantischen Orgelbaus. Es entstanden Universal- oder Kompromissorgeln, die beide Stilextreme ausgewogen miteinander vereinten, so auch in Jablonec. Erst nach 1940 wird der Klang deutlich orgelbewegter, heller, schlanker und schärfer. Interessant sind Einflüsse aus dem englischen Orgelbau: Die Anwendung von Stimmringen und von spiralfedergedrückten Magazinbälgen, beides findet sich auch in Jablonec. Vorherrschendes technisches System waren die weit verbreiteten pneumatische Kegelladen mit Zustromtraktur; seltener baute Rieger aber auch Taschenladen mit stehenden Taschen (System Witzig), wie sie auch Fa. Eule in Bautzen baute, ebenfalls mit Zustromtraktur (z.B. Plzen, U Františkánů, 1935).

Bei unserer ersten Untersuchung der Orgel 2018 fiel auf, dass sich die Orgel in einem stark verschmutzten Zustand befand. Stellenweise wurde aktiver Holzwurmbefall festgestellt.

Das Pfeifenwerk war relativ gut erhalten; an einer Anzahl kleiner Pfeifen waren jedoch Beschädigungen durch unpassendes Stimmen erkennbar. Die Bronzierung der 139 Prospektpfeifen war stellenweise abgeblättert.

Der Zustand sämtlicher pneumatischer Bauteile war teils stark verschlissen.
Die zahlreichen Anstechungen sowohl der Ton- als auch der Registertraktur-Röhrchen – unterhalb der Windladen oft reihenweise Ton für Ton bzw. Register für Register, vereinzelt auch im Spieltisch – verwiesen darauf, dass das Ventilsystem der Apparate im Spieltisch nicht mehr dichtet bzw. Fehlfunktionen aufwies.
Infolgedessen war die Spielbarkeit der Orgel stark eingeschränkt. Zahlreiche Manualtasten sprachen zu spät an, viele Einzeltöne klangen nicht. Im Pedal spielten nur noch weniger als die Hälfte aller Töne. Dennoch funktionierten auch die meisten Koppeln und Registrierhilfen noch, aber mit ebenso starken Ausfällen.
Die äußerst zahlreichen Anstechungen sowohl der Ton- als auch der Registertraktur-Röhrchen – unterhalb der Windladen oft reihenweise Ton für Ton bzw. Register für Register, vereinzelt auch im Spieltisch – verwiesen darauf, dass das Ventilsystem der Apparate im Spieltisch nicht mehr dichtet bzw. Fehlfunktionen aufweist.

Der Bedeutung dieser historischen Orgel gemäß gestehen wir ihr einen Umgang nach denkmalpflegerischen bzw. restauratorischen Grundsätzen zu.
Das heißt, dass unser oberster Grundsatz bei der Ausführung der Maßnahmen die Erhaltung und Wiederherstellung des originalen, authentischen Zustands von 1932 einschließlich der Intonation war.

 

 

Alle Bildrechte gehören Günter Widiger und

dem Hermann Eule Orgelbau. 

Rieger-Orgel Jablonec nad Nisou

 

I. Manual:Hauptwerk C-g′′′

Bordun 16′
Principal 8′
Konzertflöte 8′
Viola di Gamba 8′
Spitzflöte 8′
Octave 4′
Rohrflöte 4′
Oktavin 2′
Mixtur 4fach 2′ *
Zimbel 3fach 1′
Trompete 8′

 

II. Manual: Schwellwerk C-g′′′ **

Flötenprincipal 8′
Salicional 8′
Flute amabile 8′
Quintadena 8′
Principal 4′
Gemshorn 4′
Nachthorn 4′
Waldflöte 2′
Cornett 3-4fach 2 2/3′
Regal 4′

 

III. Manual: Schwellwerk C-g′′′ **

Geigenprincipal 8′
Flute harmon. 8′
Liebl. Gedackt 8′
Aeoline 8′
Vox coelestis 8′
Praestant 4′
Fugara 4′
Quintflöte 2 2/3′
Bachflöte 2′
Terz 1 3/5′
Nachthorn 1′
Dulcian 16′
Oboe 8′
Klarinette 8′
– Tremolo (Piston)

 

Pedal C-f′

Principalbass 16′
Subbass 16′
– Echobass 16′ Tr- I
Octavbass 8′
Gedacktbass 8′
Bassflöte 4′
Posaune 16′
– Dulcian 16′ Tr. III
– Regal 4′ Tr. II

 

*               real 1 1/3′
**              ausgebaut bis g′′′

 

 

Nebenregister

6 Normalkoppeln (Wippen, die 3 Pedalkoppeln zusätzlich als Tritt)

6 Oktavkoppeln Super 3-3, 3-1, 2-2, 2-1, 1-1 und Sub 3-3 (Wippen)

Normalkoppeln, Oktavkoppeln (Tritte)

2 freie Kombinationen, 0 (Pistons)

p, mf, f, ff, Tutti, 0 (Pistons)

forte I., forte II., forte III. Manual (Pistons zwischen Man. I und II

HR ab, Zungen ab, automatisches Pedal (Pistons)

Koppeln aus Walze, Walze ab, Man. I ab, 16‘ ab, Tutti ohne Koppeln (Tritte)

Walze, Schwelltritt II, Schwelltritt III

 

  • Stand vor der Restaurierung-SpieltischStand vor der Restaurierung-Spieltisch
  • Stand vor der Restaurierung-PfeifenStand vor der Restaurierung-Pfeifen