Zur Wiederherstellung der ursprünglichen optischen Erscheinung wurde die Politur der Klaviaturbacken und Vorsatzleisten mit schwarzgefärbtem Schellack erneuert.

Spieltisch

Die Registerzüge, aus Birnbaum gedrechselt und mit einer Schwarzpolitur versehen, sind sämtlich erhalten. In der Mitte besitzen sie das für Silbermannorgeln typische Elfenbeinknöpfchen. Auch die auf Papier geschriebenen Registerschilder sind fast vollständig erhalten, allerdings in bedenklichem Zustand. Die vom Schreiber der Schilder verwendete Eisen – Gallustinte hat das Papier bereits angegriffen, sodaß einige Schilder abgelöst, gereinigt und mit neuem Papier hinterklebt werden mußten. So können sie weitere Jahrzehnte überdauern. Schilder, die sich nicht ablösen ließen, wurden vor Ort gereinigt und vor weiterem Verfall durch eine feine Schicht aus Dammar – Harz geschützt. Die nachgefertigten Schilder für Quinta 1 ½ Fuß, Coppel und Wind (= Motoreinschaltung) wurden nach vorhandenen Vorlagen entwickelt.

Die im Laufe der Zeit teilweise geänderte Anordnung der Registerzüge wurde rücksortiert, sodaß die ursprüngliche Belegung wiederhergestellt ist.

Die elektrische Anlage im Spielschrank wurde erneuert. Neue LED – Lampen sorgen für Licht, das ohne Wärmestrahlung auskommt. Im Pedal konnte dadurch die Lichtblende etwas verjüngt werden, was mehr Beinfreiheit für den Organisten ermöglicht.

Tonmechanik

Die 1933 erfolgte Umhängung der Tonmechanik um einen Halbton zog im Orgelinneren einige Änderungen gegenüber dem ursprünglichen Zustand nach sich. So zogen die gesamten Trakturen (Hauptwerk, Hinterwerk, Pedal) um einen Halbton schräg, also nicht mehr wie ursprünglich lotrecht. Die originalen Wellenärmchen des vorderen Pedalwellenbrettes waren abgesägt und durch eingeschraubte Eisenärmchen ersetzt worden. Um die neue Tonfolge zu erreichen, sind einzelne Wellen verlängert worden. Für die hinzugefügten Töne C und D wurden neue Wellen eingebaut und über Abstrakten und Winkel mechanisch angeschlossen.

Alle diese vom Original wegführenden Änderungen konnten jetzt wieder entfernt bzw. im Sinne und im Stil des Originals ergänzt werden. Es bietet sich im Orgelinneren nunmehr wieder die ursprüngliche klare Ordnung, durch die sich Silbermanns Orgeln vor allen anderen auszeichnen.

Registermechanik

Auch die Registerbetätigung wies durch die Tonerweiterung 1933 einige Änderungen auf. Für die Registerschaltung der Zusatzladen war der durch die Trakturumhängung überflüssige Ton d′′′ ausgebaut und mit je einem Bleirohr mit diesem verbunden. Im Pedal betraf diese Maßnahme Ton c′. Diese Einbauten konnten jetzt entfernt werden.

Die Lagerpunkte der einzelnen Mechanikteile waren teilweise stark ausgespielt und mußten sorgfältig überarbeitet werden. Zur Minimierung des Leerganges in den einzelnen Lagerpunkten wurden Pergamentkeile eingeleimt. Später eingesetzte unpassende Verbindungsstifte wurden nach Vorbild originaler Stifte nachgefertigt und eingepasst. Die Angriffe der Registerschwerter an den Schleifen wurden kontrolliert und wo nötig angepasst, um eine gleichmäßige und geräuscharme Schaltung der Register zu ermöglichen.

Windladen

Wie schon beschrieben, stellen die Windladen das Herzstück der Orgel dar. Hier sind alle wichtigen Funktionen der Orgel konzentriert; hier wird der Wind, quasi der Atem der Orgel, den einzelnen Pfeifen zum richtigen Zeitpunkt und in der richtigen Menge zugeführt. Bei allen Maßnahmen an den Windladen ist deshalb größtmögliche Sorgfalt geboten. Es muß dabei eine weitere sehr lange Funktionsfähigkeit gewährleistet sein.

An einzelnen Arbeiten wurden ausgeführt:

• Demontage der Pfeifenbänkchen und Pfeifenstöcke
• Ausbau der Schleifen
• Ausbau der Ventile und Ventilleitstifte
• Ablösen der Beutelbretter und Windkastenböden
• Ablösen der Papierschicht im Ventilbereich der Windkästen
• Entfernen der Lederschicht von den Unterseiten der Laden außerhalb der Windkästen. Damit war der Zugang zu Fundamentbrettrissen bzw. offenen Leimfugen innerhalb der Kanzellen möglich. Diese Risse bzw. offenen Fugen wurden von innen mit eingeleimten Lederstreifen zuverlässig abgedichtet. Die Kanzellen wurden von innen mit Hautleim ausgestrichen, dem zur Vermeidung von Schimmelbildung Alaun zugesetzt wurde.
• Ausspänen von Rissen bzw. Leimablösungen im ausgespundeten Bereich der Ventilschlitze
• Abrichten der Ventilauflagefläche
• Aufleimen von Pergament im Bereich der Ventilauflagefläche statt des bisher vorhandenen Papiers. Dadurch ist eine wesentlich größere Sicherheit in diesem sensiblen Bereich der Windlade gegeben.
• Ausschneiden der Ventilschlitze
• Neubelederung der Ventile mit zwei Lagen Schafsleder, mit Anschwänzung
• Einschlagen der seitlichen Ventilführungsstifte
• Einleimen der Ventile

Erneuerung der Lederpulpeten, wobei etwa 1/3 der alten Messingdrähte und 90% der alten Weidenröhrchen einbezogen und damit erhalten werden konnten

• Wiedereinbau der Federsitzleisten und Beutelbretter
• Neuanfertigung von etwa 20% der Ventilfedern nach Vorbild der originalen als einfach gewendelte Schenkelfedern aus doppelthartem Federdraht (Messing). Die fehlenden Federn waren zwischenzeitlich durch unpassende ersetzt worden.
• Einsetzen der Ventilfedern
• Wiedereinbau der Ventilangehänge aus Messingdraht mit beidseitiger Öse. Zur Geräuschminimierung wurden von uns Lederkeile in die Ösen eingezogen.
• Aufarbeiten des erhaltenen Leders der Schleifenunterseiten
• vorsichtiges Abziehen der Schleifenbahnen
• Aufstiften der Schleifen an erkennbarer originaler Stelle und vorsichtiges materialschonendes gemeinsames Abrichten von Schleifen und Dämmen, um wieder eine ebene Fläche zu erhalten
• Aufpassen der Pfeifenstöcke unter Beibehaltung der originalen Schmiedenägel
• Wiedereinbau der Windladen und Anschluß der Kanalanlage

Windanlage

Die vorgefundene Windversorgung der Orgel bestand neben dem Schleudergebläse aus einem seit 1933 im Turmraum befindlichen Doppelfalten-Magazinbalg mit darunterliegendem Schöpfbalg, vielerlei Kanälen zur Windberuhigung und dem seit 1982 in die Windanlage eingebundenen originalen Keilbalg. Nach dem Abbau der Kanäle und des Magazinbalges wurden alle wieder verwendeten Bauteile dekontaminiert.

Bei der Abnahme der Belederung an den beiden originalen Keilbälgen wurde von jedem Bereich eine der ältesten Belederungen so sorgsam abgenommen, daß sie als Muster für den Zuschnitt neuer Leder zur Verfügung stand und anschließend eingelagert werden konnte. Dabei konnte mit Sicherheit festgestellt werden, daß die Bälge mindestens einmal durch Schubert komplett zerlegt waren und neu zusammengesetzt wurden. Obwohl alle Holzteile noch von Silbermann stammen, sind keinerlei Belederungen älter als von 1860. Trotz vollständiger äußerer Belederung konnten einige Verbindungen und Rissablederungen im Inneren beider Bälge erhalten werden. Zahlreiche Inschriften in den Bälgen zeugen von den Arbeiten Schuberts 1860. Notizen aus der Entstehungszeit durch Silbermann oder seiner Gesellen konnten wir nicht finden.

Die beiden Bälge wurden vollständig neu beledert und die Kanalverbindung,

wie sie zwischen 1869 und 1933 existierte, wiederhergestellt. Beide Bälge erhielten eine Windzufuhr durch ein Schleudergebläse, was wiederum den benötigten Wind direkt aus dem Orgelinneren ansaugt, um Temperaturunterschiede des Windes zwischen dem Orgelinneren und dem Turmraum zu minimieren. Dafür wurden einige Kanäle neu angefertigt, die sich in Bauweise und Material an den originalen Kanälen orientieren.

Durch den Ausbau des Magazinbalges von 1933 war nun wieder der Platz vorhanden, um die Bälge über die ursprüngliche mechanische Tretanlage zu betätigen.

Die zum Teil noch vorhandene und auf dem Kirchboden eingelagerte Mechanik wurde überarbeitet und wieder eingebaut. Und natürlich gehört das Calcanten-Glöcklein mit ihrer Mechanik ebenso zur vollständigen rekonstruierten Balganlage. Noch Ende dieses Jahres wird eine weitere Balgaufzugsanlage installiert. Sie sorgt dann für das Aufziehen der Bälge und wird elektronisch gesteuert, um auch ohne Calcanten einen authentischen Orgelwind zu erzeugen, der dem getretenen Wind eines geübten Bälgetreters in keiner Weise nachstehen wird. Hierbei werden die Bälge nur bei Notwendigkeit aufgezogen und dann gefühlvoll auf den Wind abgesetzt. Erst bei nahezu leerem Balg reagiert die Elektronik und veranlasst ein erneutes Aufziehen des entsprechenden Balges. Um ungewollte Wechselwirkungen zu vermeiden, müssen alle möglichen Situationen der Funktionsweisen gespeichert und die notwendige richtige Reaktion programmiert werden.

Die drei Varianten der Winderzeugung für die Orgel sind im Balgraum hinter der Orgel im Vorfeld der Benutzung durch einen Drehschalter einzustellen. Der ‚Wind‘-Registerzug veranlasst dann den Start der voreingestellten Schaltung:

Schalterstellung 0 = nur Orgelbeleuchtung für Organisten, Balgaufzug durch Calcanten (Einstellung für Konzerte und Tonaufnahmen, ruhiger Wind in Abhängigkeit vom Calcanten)

Schalterstellung 1 = Orgelbeleuchtung für Organisten und Orgelgebläse (Standardeinstellung, zum Üben, geringste Belastung der Balgleder)

Schalterstellung 2 = Orgelbeleuchtung für Organisten und Balgaufzugsanlage (Einstellung für Gottesdienste, Konzerte und Tonaufnahmen, ruhiger Wind)

Gehäuse

Das Orgelgehäuse blieb in seiner originalen Form bestehen. Die Anbauten von 1933 im hinteren Bereich zu beiden Seiten des Orgelgehäuses wurden wieder entfernt. Die in den Anbauten eingesetzten originalen Türen konnten wieder an ihre ursprünglichen Stellen zurückversetzt werden. Einzelne Bereiche am originalen hinteren Orgelgehäuse waren aufgrund der Erweiterungen beschädigt und mußten repariert werden. In der Vorderansicht und der Orgelbank befand sich je ein großer Riss, der ausgespänt wurde.

Parallel zu den Arbeiten an der Orgeltechnik wurde gemeindeseitig die Malerfirma Pohl beauftragt, die Farbfassung der Orgel in Zusammenarbeit mit der Denkmalpflege zu überarbeiten. Grund für eine Neufassung war vor allem das Durchschlagen der ölhaltigen Lösungsmittel von Wurmschutzmitteln und das Abplatzen von Farbschichten im unteren Bereich.

Pfeifenwerk

Das gesamte Pfeifenwerk wurde gereinigt, wobei alle Metallpfeifen nur trocken im klanggebenden Bereich ausgepinselt wurden. Holzpfeifen wurden außen während der Dekontaminierung feucht gereinigt und innen ebenfalls mit Bürsten und Lappen feucht ausgewischt, um auch dort ausgetretenes DDT zu entfernen.

Einzelne Metallpfeifen waren vor allem im Mündungsbereich verformt und mußten ausgeformt werden, um wieder eine stabile Stimmhaltung der Pfeifen zu erreichen. Aufgrund der Stimmtonänderung 1933 entfiel der ursprüngliche Ton d′′′ im Manual und c′ im Pedal. Diese Pfeifen gingen erfreulicher Weise nicht verloren, sondern wurden über 80 Jahre in der Orgel eingelagert und nun wieder zurückgestellt. Lediglich der Ton d′′′ des Principal 8′ und der Posaunenbecher von c‘ im Pedal waren abhanden gekommen und mußten neu angefertigt werden.

Die Bleikehlen der Posaune 16′ des Pedals hatten sich über den Druck der Stimmkrücke über fast drei Jahrhunderte derart verformt, daß ein Richten der Bleikehlen erforderlich war. Diese Arbeiten gestalteten sich sehr schwierig, da die originale Belederung der Bleikehlen von 1732 nicht beschädigt werden sollte. Desweiteren waren die Bleikehlen durch die Last der darauf ruhenden bis zu ca. 4.30m langen Posaunenbecher aus Holz so tief in ihren Kopf eingesunken, daß die Nasen für deren Halt stark deformiert und beschädigt waren. Das Anlöten neuer Nasen in genau passender Kontur war eine zusätzliche Herausforderung.

Intonation

Die Intonation (Klangcharakter einer jeden Pfeife) der Orgel ist erfreulicherweise und auch aus Achtung vor der Arbeit Silbermann’s weitestgehend erhalten geblieben, sodaß jetzt keine umfangreiche Änderung der Intonation notwendig war.

Lediglich einige ausgleichende klangliche Korrekturen an Einzelpfeifen mußten vorgenommen werden. Die Intonation erfolgte auf dem vorgefundenen Winddruck von 74mmWS.

Umfangreichere Intonationsarbeiten waren an der Posaune 16′ notwendig. Durch das Richten der Bleikehlen mußte der Aufwurf der Zungenblätter aus Messing angepasst werden, um den originalen Klangcharakter und wieder eine stabile Tonerzeugung zu erhalten.

Dokumentation

Alle ausgeführten Arbeiten wurden ausführlich dokumentiert und werden in einem Restaurierungsbericht zusammengestellt.

 

Konrad Dänhardt, Helmut Werner