Das gesamte Chorpodest wurde dafür von uns neu gebaut. Zusätzlich unterstützen 3 Barkermaschinen die Trakturen des I., II. und IV. Manuals. Viele weitere Konstruktionen wie Balanciers, Doppelventile, Einzeltonladen für die größten Pfeifen, selbsthaltende Tasten u.a. entlasten die Tastendruckgewichte für den Spieler erheblich. Nicht minder anspruchsvoll war die Planung des fahrbaren rein elektrisch angespielten Zweitspieltischs mit seinen zahlreichen Zusatzfunktionen. Die aufwändige elektronische Programmierung übernahmen unsere Elektroniker gemeinsam mit Prof. Christian Schulz von der Hochschule für Technik in Mittweida.
Eine weitere große Herausforderung war es, die neue Orgel in dem sehr begrenzten Platz unterzubringen. Es sollten nicht nur deutlich mehr Register werden als bei der alten Orgel, sondern zugleich sehr viel größere Pfeifen. Um die mechanischen Spieltrakturen durch die obere Orgelempore aus durchgehendem Stahlbeton zu führen, mussten mehrere Ausschnitte hineingesägt werden. Besonderer Wert wurde auf eine gute Klangabstrahlung in das Kirchenschiff gelegt. Deshalb stehen alle Manualwerke über- oder nebeneinander, um sich nicht gegenseitig zu verstellen. In der Hauptorgel befindet sich in der Mitte unterhalb der Rosette das Oberwerk auf dem II. Manual. Seitlich davon verteilt steht das Orchestral auf dem IV. Manual. Jeweils darüber steht das klangführende Hauptwerk auf dem I. Manual. Das Schwellwerk auf dem III. Manual steht auf der Chorempore im Rücken des Chores hinter dem Gitterwerk aus Holz. Die großen Basspfeifen des Pedals sind in 3 Abteilungen verteilt: Groß- und Kleinpedal stehen nebeneinander hinter den Manualwerken, während die Prospektregister vorn seitlich in den Vorkragungen der Prospektfassade stehen. In der Brüstung der Orgel stehen nach wie vor die waagerechten Pfeifen der Trompeta Toledo von 1956. Im Inneren der Orgel gibt es Leitern und Laufgänge, um alle Teile und Pfeifen zum Stimmen und Warten erreichen zu können. Die Chororgel besteht aus zwei Teilwerken: Außen auf dem Balkon stehen die 4 Grundstimmen des Flötenchores, die das klangliche Rückgrat bilden. Dahinter in der Seitenkammer stehen die 3 Farbregister in einem Schwellkasten sowie die Gebläseanlage.
Besonderes Augenmerk wandten wir auf die klangliche Gestaltung der Orgel. Zum Einen umfasst dies die Disposition – die Auswahl der Registerformen –, zum Anderen deren Klanggebung, die Mensuration und Intonation. Letzteres hat unser Chefintonateur Gregor Hieke mit außerordentlichem künstlerischen Feinsinn und Musikalität meisterhaft gelöst. Die Orgel umfasst 80 Register (ohne die Tuba sonora). Das Hauptwerk ist das klangliche führende Werk der Orgel. Es umfasst den majestätischen, silbrig glänzenden 7stufigen Principalchor, 2 große Zungenstimmen und große Soloklangfarben wie leuchtende Doppelflöte 8′, die markante Viola di Gamba und das brillante Cornett. Sanftere Register wie Rohrflöte und Spitzflöte 4′ erinnern an das Klangkonzept der Jensen-Orgeln, ermöglichen aber vor allem Begleitungen von Soloklangfarben der anderen Manuale. Das Oberwerk hat einen Charakter, der vom Hochbarock Mitteldeutschlands, der Zeit J. S. Bachs inspiriert ist. Den Klangkern bildet ein heller, leuchtender Principalchor, gekrönt vom höchsten Register der Orgel, der Sifflöte 1‘. Die Einzelaliquote Nassat und Terz ermöglichen vielfältige barocke Solomischungen, ebenso ein Cornet decomposé. Doch das Oberwerk besitzt mit Salicional 8′ und Flaut douce 8‘ auch zwei Grundstimmen, die es der Frühromantik öffnen. Einen besonders schönen Effekt von im Raum schwebenden Klängen erzeugt die Unda maris 8′ („Meereswelle“). Ein herzhaftes Cromorne bringt die herzhafte Klanglichkeit des barocken Frankreichs ein, während das reizvolle Fagott 16′ eine Kopie nach Zacharias Hildebrandt ist und einen außergewöhnlich schönen Klang hat. Der Tremulant bringt bestimmte Klangfarben zum Vibrieren (wie bei einem Sänger). Festliche Akzente setzt der Cymbelstern mit 8 gegossenen Messingglöckchen.
Deutlich anders ist das III. Manual konzipiert. Es hat als wichtige Zusatzfunktion das Begleiten des Chores. Deshalb enthält es viele sanfte Klangfarben der deutschen Spätromantik und auch von Claus Jensen, dessen Klangkonzept in vieler Hinsicht den Orgeln z.B. Friedrich Ladegasts nahe kommt. Eine Besonderheit ist die Fernflöte 8′ mit ihrem feinen, verklärten Klang, eine Eigenheit unseres Werkstattgründers Hermann Eule aus der Zeit um 1910. Die vielfältigen Grundstimmen 16′, 8′ und 4′ bieten viele dynamische und farbliche Abstufungen zum Begleiten, bilden aber ebenso ein eigenständiges Teilwerk hochromantischer Klangprägung im Kontext der großen Hauptorgel. Diesen Klangprägung fördern zwei durchschlagende Zungenstimmen: Aeoline 16′ als Kopie nach Friedrich Ladegast und Clarinette 8′ angeregt durch Claus Jensens Orgel in Trondheim, Ilen-Kirche. Voix humaine 8′ in französischer Bauart ermöglicht wunderbare Farbeffekte, vor allem in Verbindung mit dem Tremulanten. Alle Pfeifen stehen in einem dickwandigen, massiven Schwellkasten, der durch das Öffnen und Schließen der Jalousien an der Frontseite eine sehr weite Lautstärkendynamik ermöglicht. Eine ganz eigene Klanglichkeit erhielt dagegen das IV. Manual. Es ist vom englisch-symphonischen Orgelbau um 1920 inspiriert und enthält Klangfarben, die die Dynamik und Farbigkeit des spätromantischen Sinfonieorchesters aufgreifen. Klanglich prägend ist der große, 7strufige kraftvolle Streicherchor, der brillante Klangeffekte ermöglicht, einschließlich einem 16′-Streichercornett. Die 8. Streicherreihe ist schwebend gestimmt und ergibt ergreifende, sphärisch im Raum schwebende Klänge (das leise Pendant dazu hat die Chororgel). Begleitet werden die Streicher von zwei Flöten, die in französischer Weise überblasend gebaut sind, mit einem besonders intensiven und ausdrucksvollen Ton. Kraft und Brillanz bringt der französische Zungenchor aus 3 Trompetenreihen ein, während die Hauptbois für lyrisch singende Solostimmen geeignet ist. Auch die Pfeifen des Orchestral stehen in einem Schwellkasten.
Das IV. Manual wird über eine zweite, separate Orgel- die Chororgel- gespielt. Um über das IV. Manual und seine eigene Orgel zu lesen, besuchen Sie Bodø, Domkirke – Chororgel.
Bei unseren Bestandsaufnahmen haben wir gründlich das vorhandene Pfeifenwerk von 1956 darauf untersucht, welche Register geeignet sind, um in das neue Klangkonzept übernommen zu werden. Letztendlich konnten wir 17 Register in die neue Orgel aufnehmen. Sie machen so über 1/5 des Klangbestandes aus, darunter sehr interessante Klangfarben wie die große Doppelflöte 8′ im Hauptwerk, die Trompeta Toledo, die Holzpfeifen des Principalbass 16′ im Prospekt oder das fein leuchtende Quintatön 2′ im Schwellwerk der Hauptorgel. Ein 18. historisches Register stiftete Herr Drage: die lyrische Oboe 8′ der Chororgel. Sie stammt aus der alten Orgel von Bodin.
Für den Organisten sind die beiden Spieltische nicht nur Arbeitsplatz, sondern auch der Ort des klanglichen Erlebens und der musikalischen Interpretation. Wir haben in ihre Gestaltung daher viel Aufwand gelegt. Zunächst wurden die Gehäuse beider Spieltische in Material und Form so gestaltet, dass sie sich bestmöglich in das vorhandene Mobiliar (z.B. die Kirchenbänke) einpassen. Während der Hauptspieltisch an der Stelle des alten steht, ist der Zweitspieltisch fahrbar und kann an verschiedenen Stellen vor den Stufen des Altarchors aufgestellt werden; bei Nichtgebrauch kann er in den Seitenraum zur Sakristei gefahren werden. Der Zweitspieltisch ermöglicht nicht nur das Anspielen der Chororgel, sondern auch der gesamten Hauptorgel. Er erlaubt dem Organisten, bei großen Chor- und Orchesterwerken direkt inmitten der Musiker zu sitzen, und ebenso unmittelbar vor der Gemeinde. Der Hauptspieltisch besitzt mechanische Spieltrakturen. Er steht frei 7 Meter vor der Hauptorgel und ermöglicht ein gutes Abhören der Klangfarben. Die Registeranlage ist elektrisch. Sie ist in einem gediegenen Design mit gedrechselten Registerknöpfen mit Porzellan-Namensschildchen gestaltet, das von den großen Spielanlagen französischer symphonischer Orgeln inspiriert ist. Der rein elektrisch angespielte Zweitspieltisch ist hingegen moderner gestaltet mit Registertastern, die eine kompaktere Anlage ermöglichen.
Den Organisten stehen zahlreiche Möglichkeiten zur Verfügung, den gewaltigen Klangapparat der Orgel mit nicht weniger als 89 Registerköpfen (mit Tuba sonora werden es sogar 95 sein) zuzüglich 26 Koppeln und Nebenregistern zu beherrschen und rasch Klangfarben zu wechseln: Eine elektronische Setzeranlage ermöglicht das Abspeichern und Abrufen von 10.000 vorher vorbereiteten Klangkombinationen. Weitere Kombinationen können auf Chipkarten extern abgespeichert werden. Zusätzlich gibt es für jede der 5 Klaviaturen je 6 einzeln speicherbare Kombinationen. Eine Walze über dem Pedal ermöglicht das Nacheinander-Ein- und Abschalten aller Register und Koppeln in einer bestimmten dynamischen Reihenfolge mit 4 Variationsmöglichkeiten. 3 Schwelltritte – am Zweitspieltisch sogar 4 – ermöglichen eine fließende Lautstärkenveränderung für fast die Hälfte aller Pfeifen. An den Klaviaturen, wo mehrere Klangwerke angespielt werden, ermöglichen Umschalter, sie einzeln an- und abzuschalten (am IV. Manual zwischen Orchestral, Solo und Fernwerk, am Zweitspieltisch zwischen Haupt- und Chororgel). Am Zweitspieltisch können die Klangwerke der Klaviaturen I und II sowie III und IV miteinander vertauscht werden. Jeder Organist kann sich hier quasi seine individuelle Belegung herstellen. Beide Spieltische sind auch parallel oder sogar zusammen (additiv) spielbar und bieten die spannende Möglichkeit von Konzerten mit zwei Organisten.
Zu einer großen Orgelanlage gehört nicht zuletzt eine große Windversorgung – der Atem der Orgel. 3 Ventilatoren und 11 große Magazinbälge bilden die Lunge der Orgel, die auch für vollstes Spiel mit allen Registern ausreichend sein muss.