NeubauBrauweiler, St. Nikolaus
Erbaut 2018, Hermann Eule Orgelbau - opus 694, III + P/30 (davon 2 Extensionen) + 7 Transmissionen + 9 Wechselschleifen
Prospektblatt Eule-Orgel in Brauweiler
Die prächtige romanische Basilika in Brauweiler bei Köln beeindruckt nicht nur ob ihres ehrwürdigen, fast 1000jährigen Bestehens, der reichen romanischen Architektur, der wertvollen Ausstattung und Ausmalung, sondern als klingender Raum für Musik und für Orgeln. Die Westempore ziert ein prachtvolles Barockgehäuse von König, 1715. Folgerichtig hatten bereits 2009 Kantor Michael Utz mit dem Orgelsachverständigen Eckhard Isenberg ein neues Orgelkonzept entwickelt, das hier eine Orgel im barocken Stil vorsah (ausgeführt 2013 von Fa. Weimbs), während die Chororgel aus den 1960er Jahren, die unförmig über dem alten Chorgestühl thronte, durch eine neue Querhausorgel zu ersetzen mit den lyrischen, expressiven Klängen einer spätromantisch-symphonischen Orgel mit ihren charaktervollen farbigen Registern, die so vielseitig wie die Farben des Raumes sein konnten, wunderbar durch den Raum schwebten und ihn vom verhauchenden pianissimo bis zum brausenden Tutti füllten.
Von den rund 20 Entwürfen hatte sich letztendlich eine geteilte Orgelanlage mit 2 Gehäusen durchgesetzt, die vor den westlichen Stirnwänden der beiden Querhäuser aufgehängt wurden. Das stählerne Tragwerk beider Orgelkörper wurde an je 4 Stahlseilen aufgehängt, die im Dachboden an Träger aufgehängt sind, die auf den Außenmauern aufliegen – eine andere Aufhängung ließ die Statik des historischen Gemäuers nicht zu. Sie verhinderte auch einen Zugang aus den Dachböden der Nebenschiffe. Als Kompromiss wurde daher eine mobile Hebebühne angeschafft.
Die Unterseite lässt das strukturierte Stahltragwerk sichtbar. Die Prospekte sind zweiseitig ausgebildet: an den Schmalseiten zum Mittelschiff hin und an den Breitseiten in Richtung Altarchor. Die langen 16′-Pfeifen beider Gehäuse und der Verzicht auf kleingliedrige Unterteilungen lassen die Orgelkörper trotz ihrer erheblichen Größe dennoch relativ leicht wirken; das vertikal Aufstrebende der langen Pfeifen mindert den Eindruck der Schwere und Breite.
Die Anspielung der Orgelanlage ist natürlich nur elektrisch möglich. Der Spieltisch steht im Altarchor vor der Apsis auf einem fahrbaren Podest montiert und kann seine Position verändern. Die Tastensignale werden optoelektronisch abgegriffen, die Signalübertragung erfolgt mit einem BUS-System via Datenkabel. Die Elektronik ist eine Entwicklung von Eule-Orgelbau und der Hochschule für Technik in Mittweida, sie arbeitet ohne betriebssystembasierten Computer. Das Orgelelektroniksystem Eule (OSE) steuert nicht nur die Spiel- und Registertraktur, sondern auch die moderne Setzeranlage mit Touchscreen und unbegrenzter, titelgesteuerter Speicherablage.
Im linken Orgelgehäuse (vom Altar aus gesehen) auf der Südseite befindet sich das kräftige Hauptwerk (I. Manual). Im Prospekt stehen Pfeifen der beiden tragenden Principale 16′ und 8′. Direkt hinter dem Prospekt folgen die übrigen Hauptwerksregister, dahinter der Stimmgang, der quer über die ganze Gehäusebreite verläuft. Das Pedal ist verteilt: Im Hauptwerksgehäuse hinten steht die kraftvolle Posaune 16′ mit Extension Tuba 8′.
Gegenüber, im rechten, nördlichen Orgelgehäuse steht das Schwellwerk auf dem II. Manualklavier. Der Schwellkasten aus 5 cm starkem Massivholz hat an der Vorderseite und den beiden Schmalseiten senkrechte Lamellen bzw. Jalousien. Die Jalousien zur Außenmauer hin lassen sich mit einem zweiten Schwelltritte separat öffnen – es entsteht ein indirekter, gedämpfter Klang wie aus weiter Ferne, quasi ein Echo- oder Fernwerkseffekt. Der Stimmgang ist im Inneren des Schwellkastens integriert. Auch dem Schwellwerk ist ein Pedalregister zugeordnet: dem Klangcharakter des Schwellwerks entsprechend der Violon 16′ mit Extension Violoncello 8′, dessen Pfeifen im Prospekt stehen.
Das Klangkonzept war als symphonisch bzw. hochromantisch bestimmt. Ausgeschrieben war eine schöne zweimanualige Disposition mit 31 Registern mit Principal 16′ im Hauptwerk. Unser Ziel war es, eine möglichst große stilistische Bandbreite, Farbigkeit und Dynamik zu erreichen, einschließlich der für viele große romantische Orgelliteratur nötigen Dreimanualigkeit.
Insgesamt entstand so eine symphonisch-spätromantische Orgelanlage mit 46 registrierbaren Klangfarben. Dass diese 2018 fertiggestellte Orgel genau 2.018 Pfeifen besitzt, ist Zufall, aber schöne Symbolik.
Der Klang der neuen Eule-Orgel deckt die Musik ab Mitte des 19. Jahrhunderts bis ins 1. Drittel des 20. Jahrhunderts ab – und öffnet sich zugleich für Improvisationen, die sich von dem Klangfarbenspektrum und der Dynamik einer spätromantischen Orgel inspirieren lassen. Eine reich und charaktervoll ausdifferenzierte große Besetzung mit 8′-Registern, ausreichend tragfähigen 16′-Grundregistern und sich gut mischenden höheren Registern ist dafür wichtig. Die neue Eule-Orgel hat daher nicht weniger als 5 16′- und 16 8′-Register – mehr als zwei Drittel des Klangbestandes.
Eule-Orgel Brauweiler
I.: Hauptwerk (C-g′′′′)
Principal | 16′ |
Bordun | 16′ |
Principal | 8′ |
Gambe | 8′ |
Hohlflöte | 8′ |
Dolce | 8′ |
Octave | 4′ |
Gemshorn | 4′ |
Superoctave | 2′ |
Mixtur 4fach | 1 1/3′ |
Cornett 2-5fach | 2 2/3′ |
Trompete | 8′ |
II.: Schwellwerk (C-g′′′)
Viola d’amour | 16′ |
Geigenprincipal | 8′ |
Konzertflöte | 8′ |
Liebl. Gedackt | 8′ |
Viole d’orchestre | 8′ |
Aeoline | 8′ |
Vox coelestis | 8′ ab c° |
Fugara | 4′ |
Traversflöte | 4′ |
Piccolo | 2′ |
Progressio 2-5fach | 2 2/3′ |
Clarinette durchschl. | 8′ |
Trompette harmonique | 8′ |
Oboe | 8′ |
– Tremulant |
III. Fernwerk (C-g′′′)
(nur Wechselschleifen) | |
Viola d’amour | 16′ |
Konzertflöte | 8′ |
Liebl. Gedackt | 8′ |
Viole d’orchestre | 8′ |
Aeoline | 8′ |
Vox coelestis | 8′ ab c° |
Fugara | 4′ |
Traversflöte | 4′ |
Pedal (C-f′)
Principalbaß | 16′ Tr. I |
Violonbaß | 16′ |
Subbaß | 16′ Tr. Bo. 16′ I |
Salicetbaß | 16′ Tr. II |
Octavbaß | 8′ Tr Pr. 16′ I |
Violoncello | 8′ Extens. |
Baßflöte | 8′ Tr. Bo. 16′ I |
Ovtave | 4′ Tr. Pr. 16′ |
Flötenbass | 4′ Tr. Bo.16′ I |
Posaunenbaß | 16′ |
Tuba | 8′ Extzension |
Nebenregister:
- 6 Normalkoppeln
- Super III/III, III/II, III/I, II/II, II/I, II/Ped
- Sub III/III, III/II, III/I, II/II, II/I
- Setzeranlage
- 2 Schwelltritte (versetzt öffnend)
- Walze
Technische Daten:
- Zwei hängende Gehäuse in beiden Querhausarmen, abgehängt von einer Tragkonstruktion im Dachboden
- fahrbarer Spieltisch mit elektrischer Traktur
- 2.018 Pfeifen, davon 72 in beiden Prospekten sichtbar (Principal 16′ D-f′, Principal 8′ C-G, Violon 16′ C-b° und 13 stumme Pfeifen), davon 128 aus Holz und 24 aus Zink
- Schleifladen, pro Orgelgehäuse je 4 große Hauptwindladen und je 2 kleinere Prospektpfeifenladen
- Symphonisches Windsystem: pro Orgelgehäuse je 1 langsamlaufender Ventilator mit 1 Doppelfalten-Magazinbalg und 2 Membranenbälgen
- Winddrücke: Hauptwerk 78 mmWS, Schwellwerk 85 mmWS, Pedal 90 mmWS
- Stimmton 440 Hz bei 18° C, Stimmungsart gleichschwebend
- Gewicht: pro Orgelgehäuse etwa 5 Tonnen
Die Technik der neuen Querhausorgel
Die neue Eule-Orgel wird mit modernster Technik angespielt. Der Spieltisch ist auf einem fahrbaren Podest montiert und kann seine Position verändern. Dem Organisten stehen 3 Manualklaviaturen mit 56 Tönen und eine Pedalklaviatur mit 30 Tönen zur Verfügung. Mit 46 der Registerwippen kann er alle Klangfarben der Orgel einschalten. Mit den 17 übrigen Wippen sowie 3 der Trittpistons kann er die Klaviaturen untereinander verbinden – auch oktavversetzt um 1 Oktave höher oder tiefer. Die letzte, 64. Wippe betätigt den Tremulanten, der für die Klänge des Schwellwerks ein Vibrato erzeugt. Mit 64 Registern sind viele Millionen von Klangkombinationen möglich. Diese kann sich der Organist vor dem Spielen in einer Setzeranlage abspeichern. In einem Schubkästchen unter dem Manualboden rechts ist dazu ein Rechner mit Display eingebaut. Die Zahl speicherbarer Kombinationen ist unbegrenzt. Abgerufen werden sie mit den Druckknöpfen unter der I. Manualklaviatur, einigen der Trittpistons und den je 2 kleinen Leuchtdrückern, mit denen auch ein Assistent die Setzeranlage bedienen kann. Mit den beiden Balanciertritten bedient der Organist den Schweller (s.u.), während die Walze beim Rollen nacheinander sämtliche Register einschaltet (und wieder ausschaltet) in einer genau festgelegten Reihenfolge, welche ein lückenloses Crescendo vom pianissimo bis zum Tutti ermöglicht. Auch diese Reihenfolge kann der Organist selbst ändern. Mit einem der Trittpistons kann die Walze abgeschaltet werden, sodass allein die Handregisterwippen aktiv sind. Alle Registerwippen vollziehen übrigens die Schaltbewegung mit, wenn die eingespeicherten Kombinationen abgerufen werden – so sieht der Organist jederzeit, welche Register eingeschaltet sind. 4 Digitalanzeigen geben ihm außerdem jederzeit Auskunft über den Stand der Setzerkombinationen, der Schweller und der Walze.
Die Orgelanlage wird elektrisch angespielt. Optoelektronische Kontakte greifen unter den Tasten im Spieltisch das Tastendrucksignal ab, ähnlich bei allen Wippen, Drückern und Pistons. Controller sammeln die Signale und verarbeiten sie in Daten, die von Datenkabeln vom Spieltisch zu den beiden Orgelgehäusen geleitet werden. Dort verteilen weitere Controller wieder die Signale und leiten sie an die Magneten der Töne und der Register weiter, die elektrisch schalten. Rund 500 kleine Magneten für die Tonventile und 35 große Magneten für die Registerschleifen bewegen sich in beiden Orgelgehäusen.
Im linken Orgelgehäuse (von der Gemeinde gesehen) auf der Nordseite befindet sich das kräftige Hauptwerk, das vom I. Manual gespielt wird. Im Prospekt stehen Pfeifen der beiden tragenden Principale 16′ und 8′. Direkt hinter dem Prospekt folgen die übrigen Hauptwerksregister, dahinter der Stimmgang, der quer über die ganze Gehäusebreite verläuft. Ganz hinten vor der Wand steht noch das kraftvolle Pedalregister Posaune 16′ mit der Tuba 8′, die dem Hauptwerk das kräftige Fundament geben.
Gegenüber, im rechten, südlichen Orgelgehäuse steht das Schwellwerk auf dem II. Manualklavier. Dessen Pfeifen stehen in einem allseitig geschlossen großen Innengehäuse aus 5 cm starkem Massivholz. Dieses hat an der Vorderseite und den beiden Schmalseiten senkrechte Lamellen bzw. Jalousien. Diese kann der Organist mit einem der beiden Balanciertritte im Spieltisch öffnen und schließen – dadurch wird der Klang, der ins Kirchenschiff gelangt, lauter und leiser. Die Jalousien zur Außenmauer hin lassen sich dabei mit dem zweiten der Tritte separat öffnen – es entsteht ein indirekter, gedämpfter Klang wie aus weiter Ferne, quasi ein Echo- oder Fernwerkseffekt. Auch das Schwellwerk hat ein Pedalregister erhalten, welches zugleich die sichtbaren Prospektpfeifen bildet: es ist der Violon 16′ mit Violoncello 8′, der dem Klangcharakter des Schwellwerks sehr gut entspricht.
Beide Orgeln haben natürlich eigene Gebläseanlagen. Jeweils ein Ventilator mit 1.400 U/min steht oben oberhalb der Pfeifen und speist je einen großen doppelfaltigen Magazinbalg mit Wind (Druckluft). Von dort verteilen weite Kanäle aus massivem Nadelholz die Luft zu den Windladen. Je zwei weitere Bälge pro Gehäuse sorgen für Druckausgleich und ermöglichen Abstufungen des Winddrucks. Die Orgelwinddrücke sind vergleichsweise niedrig, etwa wie bei einer Blockflöte: 80 bis 95 mm Wassersäule. Die 2 Ventilatoren und 6 Bälge ermöglichen eine großzügige Windversorgung, die auch dem Tutti aller 46 Register und 17 Koppeln nie den Atem ausgehen lässt.
In den insgesamt 12 Windladen, die als Schleifladen aus Eiche gebaut sind, wird die Luft auf fast jede einzelne Pfeife verteilt (nur bei den 3 Registern, die 2- bis 5fach sind, erklingen je 2 bis 5 Pfeifen auf einmal). Dazu überwindet der Wind zunächst das Tonventil, das die Tonhöhe schaltet (via Tastendruck), und dann die Registerschleife, die die Klangfarbe bzw. das Register schaltet (durch Druck auf eine der Registerwippen im Spieltisch). In jedem der Gehäuse gibt es 4 große Windladen und je 2 weitere Windladen nur für die Prospektregister.
Beide Orgeln sind begehbar – obwohl sie in ca. 7,80 m Höhe hängen (die Zugänge liegen sogar noch etwas höher). Dazu gibt es eine Hebebühne, mit der der Orgelbauer und der Organist zum Nachstimmen bis vor die Tür rechts an den Mauerseiten der Gehäuse gefahren werden und dann in das Innere der Orgeln eintreten. Hier gibt es Licht und einen über die ganze Breite verlaufenden Stimmgang, der in der Mitte nach vorn und hinten Abzweige hat. Von den Stimmgängen sind alle Pfeifen erreichbar, vor allem die Zungenpfeifen der 6 Zungenregister, die regelmäßig gestimmt werden müssen.
Die 46 Register sind mit 2.018 Pfeifen besetzt. Fast alle Pfeifen stehen unsichtbar im inneren der beiden Gehäuse bzw. im Inneren des Schwellkastens, nur je 36 Pfeifen pro Gehäuse sind im Prospekt sichtbar. Die je 36 Prospektpfeifen gehören im linken Gehäuse zum Register Principal 16′ (Töne D-f′) und Principal 8′ (Töne C-G), im rechten Gehäuse zum Violonbaß 16′ (Töne C-b°), dazu gibt es dort 13 stumme Pfeifen.
Die Klänge der neuen spätromantisch-symphonischen Orgel
2012 wurde auf der Westempore eine Orgel mit dem Klangcharakter der Barockzeit um 1715 eingebaut, die sich spezialisiert auf Musik der Barockzeit, dem 18. Jahrhundert (der Zeit J. S. Bachs), sowie der Zeit davor (z.B. Dietrich Buxtehude) und kurz danach bis etwa zur Mitte des 19. Jahrhundert (Mendelssohn).
Alle Bildrechte gehören
dem Hermann Eule Orgelbau.