NeubauBad Kreuznach, Evangelische Pauluskirche
Erbaut 2012, Hermann Eule Orgelbau - opus 668, II + P/40 (davon 5 Extensionen + 2 Vorabzüge)
Erbaut 2012
Die Eule-Orgel auf der Altarempore der Ev. Pauluskirche in Bad Kreuznach konnte im Mai 2012 eingeweiht werden. Der Orgelprospekt gliedert sich in 3 große Pfeifenfelder, die mit Lamellenwerk verbunden sind. Sie symbolisieren den inneren Aufbau: In der Mitte das Hauptwerk, seitlich das Pedal. Verdeckt ist das II. Manual – nur der Cymbelstern wird außen sichtbar. Die Dreiteiligkeit symbolisiert quasi die Dreieinigkeit. Das höhergestellte mittlere Pfeifenfeld bietet dem bekrönenden Kreuz der Kanzel eine ruhige Hintergrundfläche. Die farbliche Fassung nimmt den im Raum vorhandenen Farbkanon aus hellen Wandflächen, sandsteinfarbenen Säulen und dunkleren hölzernen Teilen auf. Der Verzicht auf zusätzliche Farben betont die Einheitlichkeit des Ensembles der Altarwand und seine innere Ruhe. Auch mit der Wahl von Messing für das Gitterwerk der Schleierbretter wurde ein bereits im Raum vorhandenes Material (z.B. Leuchter) bzw. Farbton (Vergoldungen) gewählt. Die Farbe Grün für die gläsernen Kuben auf den Kreuzungspunkten greift ebenfalls eine Raumfarbe auf: die Grünpflanzen im Altar. Der Prospekt zeigt sich als eindeutig modern und aus unserer Zeit stammend. Er versucht nicht, sich als Stilkopie dem Raum anzupassen. Die fast monumentale Gliederung mit Principal 16′ und 8′ im Prospekt schöpft aus der Größe ihrer Form eine relative Ruhe, fast Nüchternheit, die das große Volumen des Orgelkörpers optisch relativiert. Die Schlichtheit und Geradlinigkeit der Gestaltung unter Verzicht auf Rundungen und Verzierungen betont das Sachliche und tritt gegenüber dem Kanzelaltar vornehm in den Hintergrund – eine beabsichtigte Wirkung, die dem Altar als dem zentralen Punkt der Altarwand den gebührenden Respekt entgegenbringt. Das Messingstabwerk in den dreieckigen Zwickeln über den 3 Pfeifenfeldern setzt mit den aufgesetzten farbigen Glaskuben einen festlichen Abschluss nach oben – unaufdringlich, sondern mit feiner Noblesse, wie es einer „Königin der Instrumente“ gebührt. Es krönt das Ensemble aus Altar, Kanzel und Orgel. Die markanten Schrägen der Schleierbrettfelder weisen auf das Kreuz des Altars und gehen zugleich von ihm aus – ebenso wie von unten die Kanzelstufen. So bildet das Kreuz durch die geometrische Linienführung den Mittelpunkt des Ensembles. Der Verzicht auf einen oberen Simskranz lässt die Orgel nach oben frei ausklingen und leichter erscheinen.
Majestätisch erscheint der Prospekt mit den 16- und 8füßigen Principalen. Mit 40 Registern (Klangfarben) erreicht das Instrument bereits eine Größe, auf der auch große symphonische Orgelmusik darstellbar ist. Die Register sind verteilt auf 2 Manual- und eine Pedalklaviatur. Diese können wiederum mit 7 Koppeln vielfältig miteinander kombiniert und verbunden werden.
Im Inneren des hölzernen Gehäuses ist das Pfeifenwerk auf 3 Etagen verteilt. Im Erdgeschoss hinten befinden sich die Windladen des Pedals mit den großen Basspfeifen. Darüber, auf Höhe der Prospektpfeifen, steht das große Hauptwerk mit 989 Pfeifen. Seitlich daneben stehen die größten Pfeifen des Pedals: Im Prospekt sichtbar die großen Zinnpfeifen des Principalbass 16′, dahinter die riesigen Holzpfeifen des Untersatz 32′, der tiefsten Orgelstimme. Mittig über dem Hauptwerk steht in der 2. Etage der Schwellkasten.
Die Lunge der Orgel, das Gebläse, befindet sich im Unterbau hinten in einem eigenen Schallschutzgehäuse. Hier ist ein großer leistungsfähiger Ventilator und der Hauptbalg untergebracht.
Eine außergewöhnliche Vielfalt an Pfeifenformen erzeugt die faszinierende Klangfarbigkeit einer großen Orgel: Pfeifen aus verschiedenen Zinn-Blei-Legierungen, mit verschiedenen Durchmessern, manche zylindrisch, andere konisch, weitere mit Hüten, die die Pfeife oben verschließen, dazu offene und gedeckte Pfeifen aus Holz, alles in verschiedenen Längenproportionen, nicht zu vergessen die Zungenpfeifen, deren Ton durch vibrierende Messingzungenblätter erzeugt wird. In unserer Orgel schöpfen wir aus der reichhaltigen Tradition des mitteldeutschen Orgelbaus – beginnend bei dem berühmten Gottfried Silbermann, dem Zeitgenossen Bachs, dessen großes „gravitätisches“ volles Werk für unsere Orgel Pate stand, bis hin zu bedeutenden Romantikern des 19. Jahrhunderts, allen voran Friedrich Ladegast, dessen Baustil viele unserer Flöten-, Streicherstimmen und den profunden Posaunenbass beeinflusst hat. Bereichert wird dieser Klangkörper vor allem im Schwellwerk durch ausgewählte Klangfarben aus der Klangwelt der französischen Symphonik des bedeutenden französischen Orgelbauers Aristide Cavaillé-Coll.
Das große Hauptwerk (I. Manual) ist das führende Klangwerk der Orgel mit einem vollen, raumfüllenden Klang und einem prächtigen, glanzvollen Pleno, das beispielsweise Werke der Zeit Bachs gut zum Klingen bringt. Neben den 5 Principalpfeifenreihen geben die silbrig glänzende Mixtur, der markige Cornett und die brillante Trompete dem Hauptwerk Kraft und Brillanz. Vier verschiedene Flöten und eine charaktervolle Viola di Gamba bringen die Fähigkeit zu ausdrucksvollen Soloklangfarben ein, dienen aber auch als warm und rund klingende Füllstimmen im Ensemble der Register.
Das Schwellwerk (II. Manual) vereint das orchestral gedachte Klangideal der Spätromantik mit seiner großen Expressivität, Farbigkeit und Dynamik mit dem schlanken, hellen, farbenreichen Klang der Oberwerke der Barockzeit.
Das Pedal ist mit den großen Bassstimmen besetzt. Je vier 16′- und 8′-füßige Stimmen und ein abgrundtiefer Untersatz 32′ geben ihm die nötige Tragkraft und Fundament für die reich besetzten Manuale. Eine Besonderheit ist der kraftvolle profunde Posaunenbass, den wir als Kopie nach einem historischen Exemplar von Friedrich Ladegast gebaut haben. Doch auch für Soloführungen ist das Pedal mit den beiden markanten 4′-Stimmen gut geeignet. 2 Koppeln zu den Manualen können es zusätzlich klanglich aufhellen. Um die großen, platzintensiven Basspfeifen mehrfach zu nutzen, sind 5 der 11 Register als Extensionen (Oktavauszüge) ausgebaut.
Jiří Kocourek, Künstlerischer Berater Hermann Eule Orgelbau
Alle Bildrechte gehören dem Hermann Eule Orgelbau,
Dr. Hackel und Karl-Heinz Wendel.
Eule-Orgel Bad Kreuznach
I. Hauptwerk (C-a′′′)
Bordun | 16′ |
Principal | 8′ |
Viola di Gamba | 8′ |
Flute harmonique | 8′ |
Rohrflöte | 8′ |
Octave | 4′ |
Spitzflöte | 4′ |
Quinte | 2 2/3′ |
Superoctave | 2′ |
Quinte | 1 1/3 ′Vorabzug aus Mixtur |
Mixtur 4fach | 1 1/3′ |
Cornett 1-4fach | 1 3/5′ |
Trompete | 8′ |
II. Schwellwerk (C-a′′′)
Viola d’amour | 16′ |
Geigenprincipal | 8′ |
Salicional | 8′ |
Flauto traverso | 8′ |
Gedackt | 8′ |
Unda maris | 8′ ab c° |
Fugara | 4′ |
Flauto amabile | 4′ |
Nasard | 2 2/3′ |
Octave | 2′ Vorabzug aus
Harm. aetherea 2-3fach |
Waldflöte | 2′ |
Tertia | 1 3/5′ |
Sifflöte | 1′ |
Harm. aetherea 2-3fach | 2′ |
Trompette harmonique | 8′ |
Oboe | 8′ |
– Tremulant |
Pedal (C-f′)
Untersatz | 32′ Extension |
Principalbaß | 16′ |
Violonbaß | 16′ (Holz) |
Subbaß | 16′ |
Octavbaß | 8′ Extension |
Violoncello | 8′ (Zinn) |
Bassflöte | 8′ Extension |
Octave | 4′ Extension |
Posaunenbaß | 16′ |
Trompetenbaß | 8′ |
Claironbaß | 4′ Extension |
Spielhilfen und Nebenregister:
- Cymbelstern mit 6 Glöckchen
- 3 Normalkoppeln (mechanisch)
- 4 Oktavkoppeln Super II-II, II-I und Sub II-II, II-I (elektrisch)
- Schwelltritt II. Manual mit Digitalanzeige
Walze mit 4 Einstellungen (davon 3 frei programmierbar), Digitalanzeige, Absteller - Setzeranlage mit 10.000 Kombinationen,
- Sequenzer mehrfach angelegt als Pistons,
- Fußtritte, Knöpfe für Registranten, Digitalanzeige, 4 abschließbar 1000er-Bereiche,
- externe Speichermöglichkeit auf USB-Stick
Technische Daten:
- Schleifladen mit mechanischer Spiel- und elektrischer Registertraktur
- 2.191 Pfeifen
- Stimmtonhöhe a‘ = 440 Hz bei 18° C, Stimmungsart gleichschwebend